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Große Verdampfer in der Kältetechnik

Sichere Abtauung

In der industriellen Kältetechnik ist die regelmäßige Abtauung von Verdampfern ein notwendiger, aber oft unterschätzter Prozess. Während kleinere Geräte mit Standardlösungen auskommen, erfordern große Verdampfer eine deutlich differenziertere Herangehensweise. Entscheidend ist dabei die Wahl des passenden Abtauverfahrens. Grundsätzlich unterscheiden sich drei etablierte Methoden: Elektro-, Glykol- und Heißgasabtauung.

Die Elektroabtauung ist einfach in der Umsetzung, stößt jedoch bei der Effizienz schnell an ihre Grenzen. Glykolabtauung wiederum ist besonders in CO₂-Systemen verbreitet. Sie nutzt vorhandene Abwärme, wodurch der Energiebedarf der Abtauung praktisch entfällt. Die Heißgasabtauung kommt typischerweise bei Ammoniakanlagen mit Pumpenbetrieb zum Einsatz. Auch hier ist der Vorteil, dass keine zusätzliche Energiezufuhr erforderlich ist. Doch alle Verfahren bergen – vor allem bei groß dimensionierten Anlagen – spezifische Herausforderungen.

Wenn Nebel zum Risiko wird

Ein zentrales Problem bei der Abtauung großer Verdampfer ist die Entstehung von Schwaden. Besonders bei Elektro- oder Heißgasabtauung mit hoher Temperaturentwicklung schlägt sich der entstehende Nebel an kalten Oberflächen nieder – mit potenziell gefährlichen Folgen. Eiszapfen an Ansaughauben sind dabei nicht nur ein optisches Warnsignal, sondern stellen ein reales Sicherheitsrisiko für das darunter arbeitende Personal dar. Schutzhelme sind dann keine Option mehr, sondern Pflicht.

Darüber hinaus beeinträchtigt der kondensierte Nebel die Funktion sogenannter Shut-ups. Diese Einblasvorrichtungen sollen den Luftstrom gleichmäßig verteilen, frieren jedoch bei zu hoher Feuchtigkeit ein. Die Folge: Sie öffnen und schließen nicht mehr korrekt, Wärme bleibt im Verdampfer, und es fällt zusätzlich Eis aus den Shut-ups – ein weiteres Risiko für Mitarbeitende im Kühlbereich.

In der Praxis empfiehlt sich, Wanne und Block separat anzusteuern.

Die Wanne vorlaufen lassen – aber richtig

Ein weiteres Detail, das gerade bei größeren Verdampfern essenziell ist: die korrekte Steuerung der Abtauwanne. Diese sollte stets vor dem eigentlichen Abtauvorgang vorgewärmt werden. Ist die Wanne noch kalt, gefriert das abtauende Wasser sofort wieder – ein völlig kontraproduktiver Effekt, der nicht nur die Effizienz senkt, sondern auch zu Vereisungen und Schäden führen kann.

In der Praxis empfiehlt sich daher, Wanne und Block separat anzusteuern. Nur wenn die Wanne ausreichend vorgeheizt ist, kann der Block effizient und ohne erneute Vereisung abgetaut werden – insbesondere bei schnellen Verfahren wie der Heißgasabtauung.

Sensorik entscheidet über Effizienz

Ein entscheidender, aber häufig unterschätzter Faktor ist die Platzierung der Temperaturfühler. In großen Räumen mit variabler Nutzung entstehen teils erhebliche Unterschiede bei der Eisbildung. Ein einziger Sensor reicht hier oft nicht aus, um die tatsächliche Situation im Verdampfer korrekt zu erfassen. Mehrere, strategisch verteilte Fühler erhöhen die Präzision und verhindern Fehleinschätzungen wie vorzeitiges Abschalten der Abtauung.

Ein praktisches Beispiel: Eine Messung auf vier Sohlhöhen zeigte, dass zwar zwei mittlere Messpunkte konstante Überhitzungstemperaturen lieferten, der oberste Bereich jedoch deutlich kühler blieb – ein Hinweis auf nicht vollständig verdampftes Kältemittel. Der unterste Strang wiederum lieferte instabile Signale, was auf Flüssigkeitsdurchschläge hindeutete. Diese führen dazu, dass das Einspritzventil herunterregelt, um Schäden zu vermeiden – mit dem Ergebnis, dass der Verdampfer nicht mehr seine volle Leistung erbringen kann.

Nach einer manuellen Komplettabtauung zeigten alle vier Fühler ein stabiles, gleichmäßiges Temperaturverhalten. Die Kühlleistung des Verdampfers verbesserte sich signifikant.

Typische Fehlerquellen bei der Abtauung

Neben der Sensorik gibt es weitere Faktoren, die die Abtauung beeinträchtigen können. Ein Klassiker: das elektronische Einspritzventil schließt während der Abtauung nicht vollständig. Die Folge ist das kontinuierliche Einströmen von flüssigem Kältemittel – mit massiven Auswirkungen auf den Abtauprozess. Häufige Ursache ist eine Schmutzansammlung, die das Ventil blockiert.

Ein weiteres Problem kann durch falsch verlegte Saugleitungen entstehen. Wird auf einen sogenannten Überbogen verzichtet, fließt während der Abtauung Kältemittel oder Öl aus der Sammelsaugleitung zurück in den Verdampfer. Dadurch steht im unteren Bereich wieder Flüssigkeit, die zunächst verdampft werden muss, bevor eine echte Abtauung stattfinden kann. Das Ergebnis: Anhaltende Vereisung im unteren Verdampferbereich.

Luftführung und Einbausituation

Auch eine ungünstige Luftführung kann die Eisbildung begünstigen. Wird zum Beispiel eine Einlage vor den Verdampfer gesetzt, die die Luftzufuhr behindert, erhält der Verdampfer keine gleichmäßige Luftverteilung. In Kombination mit einer falschen Fühlerplatzierung kann dies dazu führen, dass das System von einer beendeten Abtauung ausgeht, obwohl noch erhebliche Vereisungen vorhanden sind.

Ein weiteres Beispiel: Der Verdampfer saugt zusätzlich von unten Luft an, was zu einer asymmetrischen Beaufschlagung führt. Auch hier sind die Folgen klar – ineffiziente Abtauung und ungleichmäßige Vereisung im Gerät.

In vielen Fällen ist der Einsatz einer SPS erforderlich.

Reglerwahl mit Bedacht

Gerade bei großen Anlagen reicht ein einfacher Standardregler nicht mehr aus. Klassische Kältesteuerungsregler, die lediglich Ein- und Ausschalten beherrschen, sind für die komplexen Anforderungen großer Verdampfer nicht geeignet. Stattdessen braucht es die Möglichkeit, die Abtauleistung genau zu steuern – etwa durch Intervallbetrieb bei der Elektroabtauung: drei Minuten heizen, drei Minuten Pause. So lässt sich die Schwadenbildung erheblich reduzieren.

In vielen Fällen ist der Einsatz einer SPS (speicherprogrammierbaren Steuerung) erforderlich, um die vielfältigen Anforderungen an Sensorik und Abtauzyklen zu erfüllen. Damit solche Steuerungen effizient programmiert werden können, stellt Thermofin auf seiner Webseite praxisnahe Hilfestellungen bereit – inklusive Empfehlungen zur optimalen Fühlerplatzierung.

Auswirkungen unzureichender Abtauung

Wer die oben genannten Punkte ignoriert, muss mit massiven Auswirkungen rechnen. Ein Bild sagt dabei mehr als tausend Worte: von roten Eisformationen über beschädigte Glykolleitungen bis hin zu mechanisch zerstörten Ventilatoren. Die Schäden reichen von optischen Mängeln über Effizienzverluste bis hin zum kompletten Systemausfall.

Eines der eindrucksvollsten Beispiele ist ein Verdampfer, bei dem die Vereisung so stark war, dass die Glykolrohre unter dem Druck zerdrückt wurden. Oder ein Ventilator, dessen Flügel aufgrund der Eislast abbrach – ein vermeidbarer Schaden, der durch korrekt abgestimmte Abtauzyklen und eine saubere Steuerung hätte verhindert werden können.

Konsequenz zahlt sich aus

Die gute Nachricht: Mit der richtigen Herangehensweise lassen sich viele dieser Herausforderungen effektiv lösen. Entscheidend ist, die Abtauung nicht als lästige Pflicht, sondern als integralen Bestandteil der Anlagenplanung zu verstehen. Wer die Sensorik richtig einsetzt, die Wanne separat ansteuert, die Regler passend auswählt und die Luftführung optimiert, kann die Leistung seiner Verdampfer deutlich steigern – bei gleichzeitig höherer Sicherheit und geringeren Betriebskosten.

Ein Blick auf zwei Verdampfer im direkten Vergleich – einer sauber abgetaut, einer stark vereist – macht den Unterschied deutlich. Es lohnt sich also, in präzise Abtauprozesse zu investieren. Denn wie Johannes von Thermofin abschließend betont: „Wenn das System einmal rund läuft, sieht man’s nicht nur – man spürt’s auch.“

Die falsche Abtauung kann diverse Probleme mit sich bringen: Teilabtauung

Bild: thermofin

Die falsche Abtauung kann diverse Probleme mit sich bringen: Teilabtauung
Vereiste Wanne

Bild: thermofin

Vereiste Wanne
Die Luftverteilung ist nicht zu unterschätzen. Beeinträchtigungen können zu Störungen der Überhitzungsregelung führen.

Bild: thermofin

Die Luftverteilung ist nicht zu unterschätzen. Beeinträchtigungen können zu Störungen der Überhitzungsregelung führen.
Selbst geringe Vereisung hindert den Luft- und damit Wärmestrom bereits. Vor der Abtauung

Bild: thermofin

Selbst geringe Vereisung hindert den Luft- und damit Wärmestrom bereits. Vor der Abtauung
Nach der Abtauung

Bild: thermofin

Nach der Abtauung
Undichte Kältemittelventile

Bild: thermofin

Undichte Kältemittelventile
Rücklaufendes Kältemittel aufgrund fehlender Überbögen in der Saugleitung

Bild: thermofin

Rücklaufendes Kältemittel aufgrund fehlender Überbögen in der Saugleitung
Ölbogen nicht vergessen!

Bild: thermofin

Ölbogen nicht vergessen!