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A 2L- und A 3-Kältemittel

Brennbare Stoffe mit Zukunftspotenzial

Der Einsatz brennbarer Stoffe blickt in der Hausgerätetechnik und Gewerbekälte auf eine lange Historie zurück. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verbreitete sich der Einsatz der ungiftigen, aber hochentzündlichen Kohlenwasserstoffe aufgrund ihrer guten thermodynamischen Eigenschaften, neben Ammoniak, Schwefeldioxid und Kohlendioxid. Propan (R 290) ist beispielsweise in der Gewerbekälte gut geeignet. Es siedet bei – 42 °C unter Umgebungsdruck und kann Verdampfungstemperaturen von – 40 °C und höher abdecken. Große Temperaturhübe sind beim Verdichten mit diesem Stoff problemlos möglich.

Kohlenwasserstoffe – Hochentzündliche Kältemittel mit Vorbildcharakter

Zur Verbesserung der Sicherheit und Vereinfachung der Handhabung in der Installationspraxis versuchte man bei der Entwicklung der ersten synthetischen Kältemittel deshalb, die guten thermodynamischen Eigenschaften der Kohlenwasserstoffe zu erreichen, die Brennbarkeit des Kältemittels jedoch zu reduzieren. Der Austausch der Wasserstoffanteile vorrangig durch die Halogene Chlor und Fluor, teilweise durch Brom, führte zu den ersten Sicherheitskältemitteln. Die vollhalogenierten Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKW) kamen in den 1930 er Jahren auf den Markt und verdrängten in der Gewerbekälte und in der Hausgerätetechnik bald weitgehend die anderen Stoffe.

Heutige synthetische Kältemittel sind vor allem fluorierte Kohlenwasserstoffe, da Chlor- und Bromanteile stark zum Abbau der Ozonschicht beitragen. Die meisten sind teilfluoriert, einige basieren auf einfach ungesättigten Kohlenwasserstoffen wie Propen. Das verkürzt die atmosphärische Lebensdauer und reduziert das Treibhauspotenzial. Daneben sind auch reine Kohlenwasserstoffe als Kältemittel weiterhin in einigen Anwendungsgebieten wie in der Petrochemie zur Prozesskühlung, in Gewerbekältegeräten oder in Flüssigkeitskühlsätzen im Einsatz.

Brennbare Kältemittel im Überblick

Nach der Norm ISO 817 lassen sich heutige Kältemittel in die Kategorien A und B einteilen. Während die Kategorie A ungiftige Stoffe umfasst, fallen in Kategorie B toxische Kältemittel. Die Einstufung der Entflammbarkeit erfolgt in vier Gruppen (1 = nicht entflammbar, 2L = entflammbar mit langsamer Flamm­ausbreitung, 2 = entflammbar, 3 = hoch entflammbar).

Die wichtigsten als Kältemittel in Frage kommenden Stoffe der Sicherheitsgruppe A 3 sind Kohlenwasserstoffen wie Propan (R 290), Propen (R 1270), Isobutan (R 600a), Butan (R 600) oder Ethan (R 170), die, wie erläutert, auf eine lange Historie in der Kälte- und Klimatechnik zurückblicken sowie ein Vorbild für die Entwicklung vieler synthetischer Kältemittel waren. Kältemittel der Gruppe A3 sind sehr leicht entzündlich. Sie können bereits bei Anteilen von etwa zwei und bis zehn Prozent in der Luft gezündet werden. Im mittleren Mischungsbereich kann die Zündung durch den Funken eines Lichtschalters, eines auf einen Steinboden fallenden Stahlwerkzeuges oder eines statisch aufgeladenen Pullovers erreicht werden und verursacht heftige Verpuffungen, beziehungsweise Explosionen. Die Verbrennungsrückstände dabei sind insbesondere Kohlendioxid und Wasser und somit an sich meist ungefährlich, wenn alles wieder abgekühlt ist.

Kältemittel mit der Einstufung in die Klasse A 2L sind überwiegend teilfluorierte Kohlenwasserstoffe HFKW, ungesättigte teilfluorierte Kohlenwasserstoffe HFO sowie Gemische daraus. Eine niedrige Fluorierung vermindert die Entflammbarkeit bei einem niedrigen oder noch nicht zu hohen Treibhauspotenzial. Beispiele sind unter anderem R  1234yf, R 32 oder R 455A. Ein A 2L-Kältemittel ist somit schwerer und erst bei einer höheren Konzentration als ein A 3 - Kältemittel zündfähig. Die notwendige Zündenergie wird beispielsweise von Flammen oder schweren elektrischen Fehlern erreicht. Bei der Verbrennung entstehen neben Kohlendioxid und Wasser auch giftige und ätzende Rückstände wie Fluorwasserstoff – in Wasser gelöst Flusssäure – und Carbonylfluoride in größeren Mengen, sodass nach Verbrennungen besonders hohe Vorsichtsmaßnahmen zu treffen sind.

In einem vorgegebenen Raum könnten mit A 2L - Kältemitteln häufig mit den gleichen Sicherheitsvorgaben deutlich höhere Füllmengen und damit größere Kälteleistungen dargestellt werden, ohne ein erhöhtes Gefährdungspotenzial darzustellen. Vor allem bei Kompaktklimageräten und Wärmepumpen ist dies von Vorteil. Wird jede Kälteanlage auf das jeweilige Kältemittel optimal ausgelegt, lässt sich mit Blick auf die Effizienz der Anlage jedoch kein wesentlicher Unterschied für den Einsatz von A 2L- oder A 3 - Kälte­mittel feststellen.

Bitzer bietet ein umfassendes Produktportfolio, das für den Einsatz mit brennbaren Kältemitteln freigegeben ist, beispielsweise die Hubkolbenverdichterserie Ecoline P für R290.

Bild: Bitzer

Bitzer bietet ein umfassendes Produktportfolio, das für den Einsatz mit brennbaren Kältemitteln freigegeben ist, beispielsweise die Hubkolbenverdichterserie Ecoline P für R290.

A2L-Kältemittel und mögliche PFAS-Verbote in der EU

Die aktuelle Debatte um mögliche Verbote von PFAS (per- und polyfluorierte Alkylverbindungen) könnte sich auch auf die langfristige Verfügbarkeit vieler A 2L - Kältemitteln auswirken. Laut der Definition des Verbotsvorschlags fallen in die Stoffgruppe der PFAS viele fluorierte Kältemittel, einschließlich HFO, die aufgrund ihres niedrigen Treibhauseffekts und ihrer geringen Brennbarkeit aktuell vorrangig für die Erfüllung der Vor­gaben der EU-F-Gase-Verordnung vorgesehen waren. Behörden aus Deutschland, den Niederlanden, Dänemark, Schweden und Norwegen haben einen Vorschlag ausgearbeitet, PFAS als besorgniserregend in der EU-Chemikalienverordnung 1907/2006 REACH zu listen. Eine Listung würde den Einsatz von PFAS im erheblichen Maße erschweren oder vollständig verbieten. Am 22. März 2023 startete eine sechsmonatige öffentliche Konsultation des aktuellen Vorschlags. Mögliche Regelungen der REACH könnten ab 2025 greifen. Zum ­jetzigen Zeitpunkt ist das Ergebnis der Debatte noch nicht im Detail absehbar. (September 23, Anm. d. R.) Bei einem möglichen Verbot aller alternativen Kältemittelgemische mit niedrigem GWP würde jedoch den hochentzündlichen und umweltverträglichen Kohlenwasserstoffen der A 3 - Gruppe in Zukunft wieder eine große Bedeutung in der Kälte- und Klimatechnik zukommen.

Vergleich einiger physikalischer Eigenschaften von brennbaren und nicht brennbaren Kältemitteln.

Bild: Bitzer

Vergleich einiger physikalischer Eigenschaften von brennbaren und nicht brennbaren Kältemitteln.

Sicherheitsaspekte beim Einsatz ­brennbarer Kältemittel

Egal, welches brennbare Kältemittel zum Einsatz kommt – der Umgang mit diesen Stoffen erfordert in der Praxis eine erweiterte Gefährdungsbeurteilung. Eine wesentliche Grundvoraussetzung ist dafür speziell geschultes und sensibilisiertes Personal. Dazu zählen sowohl Kenntnisse der aktuellen Gesetzgebungen, Verordnungen und Normen als auch entsprechende Fertigkeiten bei der Handhabung brennbarer Kältemittel. Betreiber sollten eine entsprechende Kenntnis für Arbeiten an der Anlage abfragen. Regel­mäßige Weiterbildungen von Kältefachleuten in diesem Themengebiet sind empfehlenswert – etwa an der Schaufler Academy in Rottenburg-Ergenzingen.

Bei der Montage der Kälteanlage wird prinzipiell auch im Falle brennbarer Kältemittel nach den bekannten Regel gearbeitet. Wichtig ist dabei vor allem das Bewusstsein für die potenzielle Brennbarkeit und das Explosionsrisiko beim Umgang mit dem Kälte­mittel. Sicherheitskritischer wird es erst bei Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten, wenn sich das Kältemittel bereits in der Anlage befindet und diese möglicherweise geöffnet werden muss. Hier gilt es, höchste Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, um das Unfallrisiko zu minimieren. Die Bildung einer explosionsfähigen Atmosphäre sollte in jedem Fall vermieden werden. Insbesondere im Falle von A 3 - Kältemitteln sind noch striktere Vorgaben zu beachten. Aufgrund der extremen Öllöslichkeit von Kohlenwasserstoffen besteht auch nach Beendigung des Absaugvorgangs noch die Gefahr, dass gefährliche Mengen an Kältemittel aus dem Öl ausgasen.

Unter anderem folgende Aspekte sollten bei Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten beachtet werden (Aufzählung nicht vollständig):

  • Eine gute Belüftung des Raums, zum Beispiel mit einem mitgebrachten Ventilator
  • Sicherstellen, dass sich keine Zündquellen in Reichweite befinden
  • Persönliche Schutzausrüstung, zum Beispiel ein tragbarer Gasdetektor und elektrostatisch ableitende Handschuhe
  • Verwendung von zugelassenem, ­„funkenfreiem“ Werkzeug
  • Einsatz von Gassensoren und Abschalt­einrichtungen
  • Geeignete Feuerlöscheinrichtungen
  • Effiziente Komponenten für Anlagen mit brennbaren Kältemitteln

    Bitzer unterstützt seine Kunden im Umgang mit brennbaren Kältemittel mit dem digitalen Kältemittel-Report, sowie einem praxisnahen Trainings­angebot in der Schaufler Academy. Daneben umfasst das Portfolio Produkte, die für den Einsatz brennbarer Kältemittel auch der A 3 - Klasse freigegeben sind. Dazu zählen Kompaktschraubenverdichter für den Klimabereich oder die Prozesskühlung, halbhermetische Schraubenverdichter für Verbundanlagen in der Gewerbekälte sowie Hubkolbenverdichter verschiedener Baugrößen.

    Für A 2L-Kältemittel ist für die meisten Hubkolbenverdichter zudem die mechanische Leistungsregelung Varistep zur Erhöhung der Teillasteffizienz erhältlich. Alternativ sorgt die Ausstattung mit Varipack Frequenzumrichtern für eine Anpassung an den jeweiligen Kältebedarf. Viele der für brennbare Kältemittel freigegebenen Hubkolbenverdichter von Bitzer können mit dem elektronischen Ölniveauregler OLM-IQ ausgerüstet werden, der dabei unterstützt, das Ölniveau im Verdichter stabil zu halten und einen Ölmangel entgegenzuwirken. Über das IQ Modul ist eine Einbindung der Produkte ins Bitzer Digital Network (BDN) möglich, welches eine Serviceinfrastruktur für einen effizienten Betrieb und eine hohe Verfügbarkeit von Bauteilen schaffen soll.

    Dr. Heinz Jürgensen
    Direktor Anwendungs­technik, Sonderprojekte Bitzer

    Bild: Bitzer

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