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3,5 MW NH³ Industriekälteanlage

Förderfähige Energieffizienz

Landgard beliefert den Fachgroßhandel sowie den Einzelhandel mit Topfpflanzen, Schnittblumen, Obst und Gemüse. Der Standort Roisdorf ist mit 70.000 m² Fläche für die Obst- und Gemüsekühlung von circa 240 regionalen Erzeugern zuständig. Dafür hat das Unternehmen eine Kühlanlage für eine von 20 vorhandenen Hallen mit einer Größe von 4800 m² und einer Raumhöhe von 6,5 m (31.200 m³) ausgeschrieben. Umgesetzt wurde das Projekt durch Müller Industriekälte aus Bad Honnef gemeinsam mit der Frigotechnik Niederlassung aus Frechen bei Köln.

Im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie hatte Landgard für die bevorstehende Anlagenkonstellation eine geringst mögliche Kältemittelfüllmenge vorausgesetzt. Die alte NH3 Abscheider-Kälteanlage mit einer Kälteleistung von 690 kW und einer Füllmenge von 15 t Ammoniak R 717 wurde durch eine Anlage mit vergleichbarer Leistung von 620 kW und lediglich 90 kg Füllmenge ersetzt.

Angetrieben wird die Anlage von drei frequenzgeregelten Bitzer Hubkolbenverdichtern W6 FA mit einer Drehzahl von bis zu 1750 U/min und einer Kälteleistung von je 205 kW (t₀ = + 5 °C). Dazu gesellen sich ein Alfa Laval MK 15 U-Rohr- Plattenverdampfer mit 615 kW Kälteleistung bei 1 K Überhitzung (überflutet) und ein Güntner Hydro-Pad-Verflüssiger mit 708 kW Kondensationsleistung bei einer Auslegungstemperatur von 36 °C bei 35 °C Außentemperatur.

Der U-Rohr-Plattenverdampfer ermöglicht eine vergleichsweise geringere Kältemittelmenge in der Anlage und kann auf dem kompatiblen Plattenwärmetauscher montiert werden. Andere Baugrößen reichen von 200 bis 1400 kW bei einer Verdampfungstemperatur von 0 °C und von 50 bis 500 kW bei – 40 °C.

Die Anlage wurde bei folgenden Betriebs­parametern ausgelegt: Eine Überhitzung von nur 1 K bei einer Verdampfungstemperatur t₀ = + 5 °C, mit einer Wasservorlauftemperatur von tw1 = + 6 °C und eine Verflüssigung tc = + 27 °C bei einer Außentemperatur tu = + 23 °C. Die Verflüssigung wird temperaturabhängig geregelt, so dass bei geringeren Außentemperaturen der COP entsprechend gesteigert wird. Die vom Kunden Landgard fest vorgegebenen Raumtemperatur von tr= +8 °C sind obligatorisch und erforderten eine sehr effiziente Auslegung bei den Luftkühlern in der Lagerhalle.

Kühlraumanlagen für Beeren als CA-Lager

On top wurde ein weiteres Kältesystem zur Kühlung von Himbeeren, Brombeeren und Heidelbeeren mit kontrollierter CA-Langzeitlagerung (Controlled Atmosphere) in das gesamte Projekt integriert. Die Anlage wurde hierfür mit zwei zusätzlichen R 290 Kaltwassersätzen erweitert. Als besondere Herausforderung für diesen Lagerraum galt zu beachten, dass die Temperaturen, Feuchten und Luftgeschwindigkeiten sich aufgrund des empfindlichen Kühlgutes während der gesamten Langzeitlagerung von bis zu fünf Tagen nicht eklatant ändern dürfen:

  • Raum Temperatur: +0 bis + 10 °C
  • Beschickung: 8000 kg / Tag
  • Einbringtemperatur: + 25 °C
  • Abkühlung auf: + 2 °C
  • Zwei eigens als Kaskade konzipierte und von Müller Industriekälte gebaute R 290 Kaltwassersätze wurden für diesen Zweck eingebaut. Ausgestattet mit jeweils einem Bitzer Verdichter 4NESP-14P-40P mit einer Kälteleistung von je 39 kW bei einer Verdampfungstemperatur von – 6 °C und einer Verflüssigung von 20 °C wurden die Anlagen in Betrieb genommen. Die Füllmenge je Kaltwassersatz beträgt 2,3 kg Propan. Somit hat man bei geringst möglichem Sicherheitsrisiko (Risikobeurteilung) und höchst möglicher Effizienz eine Gesamtleistung von 78 kW mit 4,6 kg Füllgewicht (R 290).

    Die Verflüssigung funktioniert im zweistufigen Kaskadenverfahren über Plattenwärme­tauscher mit der übergeordneten NH³ Sole-Anlage und hat stetige 20 °C. Durch die kontinuierlich niedrige Verflüssigungstemperatur konnte die im Kältekreislauf vorhandene Kältemittelmenge auf ein Minimum reduziert und die Anlagensicherheit gleichzeitig erhöht werden.

    Das Solesystem sorgt für die Luftentfeuchtung während der Lagerdauer. Dabei liegt die Temperaturdifferenz des Luftkühlers im Raum bei Lagerbetrieb bei maximal 1,2 K - das mit einer Direktverdampfung nicht möglich gewesen wäre. Die Abtauung der Luftkühler erfolgt energiesparend über Warmsole aus der Wärmerückgewinnung, dessen Bereitstellung aus den Druckgasenthitzern der beiden R 290 Kälteanlagen erfolgt. Der COP der Beerenkühlraumanlage wurde mit 5,63 gemessen.

    Nach Erreichen der Produkttemperatur erfolgt die CA-Lagerung. Die Kühlzellen werden gasdicht verschlossen, Ausdehnungsbehälter zugeschaltet und der Sauerstoffgehalt in der Zelle wird durch einfließenden Stickstoff reduziert. Der Sauerstoffgehalt kann bis auf zwei Prozent herabgesetzt werden. Dabei wird der Stickstoff nachhaltig über eine PSA-Anlage aus der Umgebungsluft gewonnen.

    Alle erforderlichen Raumparameter, wie Kohlendioxid- und Sauerstoffgehalt oder Feuchte werden regelmäßig dokumentiert und sind jederzeit produktabhängig regulierbar. Eine dafür im Hause Müller Industriekälte entwickeltes Programm über SPS zur Steuerung der Anlagegenbauteile mit einer Siemens S7-1500, in Verbindung mit einer ganzheitlichen 24/7-Fernwartung über VPN, sorgt für einen kostenoptimierten sowie reibungslosen Betrieb.

    Um die Haltbarkeit der Ware zusätzlich zu verbessern, werden die CA-Lagerräume komplett hygienisiert. Das hierfür eingebaute Aeroclean funktioniert nach dem Prinzip der Inaktivierung von Mikroorganismen und Luftschadstoffen durch „aktivierten Sauerstoff“ als Oxidationsmittel. Aeroclean wurde speziell dazu entwickelt, um das Aufkommen von Schimmel und pathogenen Pilzen, wie beispielsweise Botrytis, Penicillium, Cladosporium, Aspergillus bei Obst, Gemüse und anderen Lebensmitteln zu vermeiden. Flüchtige Schadstoffe, unangenehme Gerüche und besonders das Reife-Hormon Ethylen, das Alterungsprozesse mitbeeinflusst, werden dadurch inaktiviert.

    40 t Kälteanlage als Schwertransport nach Roisdorf

    Die komplette Anlage wurde in Containerbauweise auf dem Firmengelände der Müller Industriekälte vorbereitet und als Schwerlasttransport über Nacht in das 40 km entfernte Roisdorf bei Bonn transportiert. Für den 40 t schweren Übermaßcontainer (5 m * 12 m * 4 m) mussten u.a. Verkehrsschilder abgebaut werden, um die Anlage sicher zu ihrem Aufstellplatz liefern zu können. Nach zweitägigem Aufbau und Inbetriebnahme des Maschinenraumcontainers wurde die Kühlanlage schlüsselfertig übergeben.

    Nach sieben Monaten störungsfreiem Betrieb hat sich der Verbrauch für Strom, im vergleichbaren Zeitraum zum Vorjahr, bereits um 600.000 kWh verringert. Die Betriebs- und Energiewerte der laufenden Anlage übertreffen bereits die theoretischen Werte, die während der Planungsphase errechnet und ausgelegt wurden, und als Grundlage für den Förderantrag galten. Gepaart mit einer geringst möglichen Füllmenge an Kälte­mittel und einem COP von bis zu 9,2 wurde für Landgard eine Kühlanlage mit gehobenen Nachhaltigkeitsansprüchen gefertigt. Die Kühlung der 4800 m² großen Halle gilt als Pilotprojekt für den Umbau weiterer zwölf Lagerhallen.

    Matthias Heinrichs
    Frigotechnik

    Bild: Frigotechnik

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