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Wärmerückgewinnung: Kompressoren-Abwärme versorgt Kälteanlage

Viel Gas und Strom gespart

Innerhalb der Hartmann-Gruppe ist das 1996 errichtete Werk in Herbrechtingen das größte für die Produktion von Inkontinenzprodukten. An zwölf Linien werden Vliese und Folien zu jährlich rund 1 Mrd. Erwachsenenwindeln verarbeitet. Die Anlagen laufen in einem kontinuierlichen Vier-Schicht-Betrieb an sechs Tagen in der Woche.

Um den Energieverbrauch zu senken, wurden 2014 Maßnahmen zur Effizienzsteigerung abgeschlossen. Unter anderem hat Hartmann die Druckluftversorgung modernisiert und ein ganzjähriges Konzept zur Wärmerückgewinnung umgesetzt. Druckluft wird hauptsächlich als Antriebsenergie für die Zylinder zum Falten, zum Bedienen von Materialspeichern, für Blasdüsen, Steuerventile, Beschichtungsanlagen und Hotmelt-Aufträge benötigt. Relativ kontinuierlich werden täglich zwischen 110 000 und 130 000 Nm3 mit nur geringen Schwankungen verbraucht.

Übergeordnete Steuerung und drehzahlgeregelte Kompressoren

Heute arbeiten in der Kompressorenstation fünf ölfrei verdichtende Schraubenkompressoren der Essener Atlas Copco Kompressoren und Drucklufttechnik GmbH: zwei drehzahlgeregelte ZR 315 VSD FF sowie zwei ZR 250 FF und ein ZR 90 FF mit fester Drehzahl. Das Kürzel FF (Full Feature) steht für die Integration der Druckluftaufbereitung in den Maschinen. Da es sich bei der Paul Hartmann AG um einen Hersteller von Medizin- und Hygieneprodukten handelt, war die Ölfreiheit der Kompressoren ein absolutes Muss.

Im Normalfall sind drei bis vier Kompressoren im Betrieb und bedienen den täglichen Druckluftbedarf. Eine ES-360-Steuerung von Atlas Copco (ES = Energiesparsystem) koordiniert den Betrieb der einzelnen Kompressoren und optimiert so die Gesamteffizienz der Druckluftversorgung. Auf diese Weise werden rund 30 Prozent Energie eingespart und eine stabilere Drucklufterzeugung erzielt. Man fährt die Anlage nun mit 7 bar. Früher – ohne Steuerung und drehzahlgeregelte Maschine – benötigte man 8,5 bar, um die deutlich höheren Schwankungen auszugleichen.

Wärmerückgewinnung für Heizen und Kühlen

Da das Druckluftkonzept eine Wärmerückgewinnung vorsah, wurde in der Druckluftstation auch eine Wärmeübertrageranlage der ONI-Wärmetrafo GmbH, Lindlar, installiert, die die Abwärme der fünf Kompressoren für Heiz- und Kühlzwecke nutzbar macht. Es gibt ein übergeordnetes Energiekonzept, in dessen Rahmen für den Standort Herbrechtingen verschiedene Szenarien durchgespielt wurden. Es beinhaltet ein jahreszeitabhängiges Konzept zur Abwärmenutzung für ein Höchstmaß an Energieeffizienz.

Da am Standort ein relativ großer Heizkreis und verschiedene Gebäude bestehen, gibt es die Möglichkeit, in der Übergangsphase nur über das Netz im Verwaltungstrakt zu heizen, weil dann in der Produktion und den Nebengebäuden keine Wärme benötigt wird. Dann fahren die Herbrechtinger den kurzen Weg und speisen die Abwärme im Verwaltungstrakt direkt in den Vorlauf ein. Es erfolgt dann eine 100-prozentige Beheizung mit der Abwärme der Drucklufterzeugung. Diese Direktversorgung kommt auch im Sommer zum Einsatz, wenn mit der Abwärme die Absorptionskälteanlage gespeist wird. Im Winter werden Produktion und Verwaltung über das große Heizungsnetz beheizt und die Abwärme in dessen Rücklauf eingespeist. Sinken die Temperaturen unter 0 °C, wird die Temperatur des Rücklaufs über die Gasheizung angehoben.

Auf diese Weise hat man es geschafft, den Gasverbrauch um mehr als drei Viertel zu reduzieren, von früher 2 Mio. kWh auf nunmehr 450 000 kWh. Im Sommer wird darüber hinaus noch viel Strom eingespart.

Absorptionskälteanlage kühlt Schaltschränke

Nachdem die Abwärme der Druckluft zunächst nur ins Heizungsnetz eingespeist wurde, dachte man in Herbrechtingen über weitere Nutzungsmöglichkeiten während der Sommermonate nach. Es entstand die Idee, die Schaltschränke an den zwölf Fertigungslinien über eine Absorptionskälteanlage zu kühlen, die wiederum mit der Abwärme der Kompressoren betrieben wird. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die großen Elektroverteilerschränke mit insgesamt 160  strombetriebenen Kompressionskältemaschinen ge-kühlt. Diese haben außerdem Verlustwärme erzeugt und dadurch die Halle weiter aufgeheizt. Das war im Sommer zum Teil ein Problem, denn die Temperaturen dort stiegen dann in den Grenzbereich.

Nun werden die 160 Kältemaschinen nur noch als Redundanz eingesetzt oder um an sehr heißen Tagen Temperaturspitzen abzufangen. Eine zentrale Absorptionskältemaschine erzeugt jetzt die benötigte Kälte, die auf insgesamt sieben Lüftungssysteme verteilt und über Luftumwälzsysteme in die Schaltschränke eingeblasen wird. Die Abwärme der Absorptionskälteanlage gelangt auf einen separaten Wasser-Luft-Außenkühler. Hartmann kann die Schaltschränke jetzt im Sommer mit der Abwärme aus den Kompressoren kühlen und im Winter mit der Außenluft. Auf diese Weise steht die Abwärme aus den Kompressoren im Winter zu Heizzwecken zur Verfügung.

Für den Betrieb der Kälteanlage benötigt man eine Kühlwassertemperatur aus den Kompressoren von mindestens 85 °C. Wenn die Temperaturen dort niedriger sind, fährt die Anlage sofort in den unwirtschaftlichen Bereich. Früher reagierte die interne Wärmesteuerung in den Kompressoren zu träge und zu langsam auf Temperaturschwankungen, was mit dem Einsatz schnelllaufender servogesteuerter Ventile in den Kompressoren behoben wurde.

Fazit

Allein in den ersten zehn Monaten nach der Inbetriebnahme der Kälteanlage hat Hartmann mehr als 700 000 kWh an Strom für die Kühlung der Schaltschränke gespart. Außerdem förderte das BAFA den Austausch von dezentralen Altgeräten gegen eine zentralisierte Kälteanlage mit einer Abwärmenutzung. Prognostiziert ist daher spätestens im fünften Betriebsjahr ein echter Kapitalrückfluss aus der Anlage.

www.atlascopco.com

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