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europäische Brandklassifizierung technischer Dämmstoffe

Kampf dem Rauch!

Um die Geschwindigkeit der Brandausbreitung zu begrenzen, ist die Verwendung von brennbaren Bauprodukten in Gebäuden in der Regel eingeschränkt. Es kann allerdings nicht komplett auf den Einsatz von Kunststoffen, wie beispielsweise auf Kabel oder synthetische Dämmstoffe, verzichtet werden. Der Beitrag brennbarer Baustoffe wird jedoch in Relation zum Gebäudeinhalt häufig überbewertet und besitzt in der Regel nur einen sehr geringen Anteil an der Brandlast.

Entscheidend für die Beurteilung des Brandverhaltens von synthetischen Dämmstoffen ist die Brandentstehungsphase. Die charakteristischen Parameter für das Brandverhalten von Bauprodukten zeigt das Bild 1.

Europäische Anforderungen an technische Dämmstoffe

Während in Europa bislang eine Vielzahl unterschiedlicher Prüfverfahren zur Beurteilung des Brandverhaltens von Baustoffen genutzt wurde und die Klassifizierungen von technischen Dämmstoffen mitunter stark voneinander abwichen, gelten in den Mitgliedsstaaten der europäischen Union mit der Verabschiedung von Produktstandards für Wärmedämmstoffe für die technische Gebäudeausrüstung und für betriebstechnische Anlagen in der Industrie jetzt verbindlich einheitliche Prüfverfahren und eine europäische Brandklassifizierung. Nach Ablauf der Übergangsphase, die am 31. Juli 2012 endete, dürfen in den EU-Ländern nur noch technische Isolierungen vertrieben werden, die den europäischen Produktstandards (und damit der Bauproduktenrichtlinie bzw. der Bauproduktenverordnung) entsprechen und das CE-Zeichen tragen.

Europäische Brandklassifizierung technischer Dämmstoffe

Im Jahr 2000 wurden in der Europäischen Union ein neues System für die Klassifizierung des Brandverhaltens von Bauprodukten, die Grenzwerte und die maßgeblichen Prüfverfahren eingeführt. Die harmonisierte Klassifizierungsnorm DIN EN 13501-1 unterscheidet die Brandklassen A1, A2, B, C, D, E, F. Das Bild 2 zeigt die neuen Euro­klassen, das angestrebte Sicherheitsziel sowie ihre Zuordnung zur bisherigen Brandklassifizierung nach DIN 4102-1.

Um die Euroklassen für lineare Produkte (z. B. Dämmschläuche) von ebenen Produkten (Dämmplatten) zu unterscheiden, werden diese mit einem tiefergestellten L (Kurzzeichen L für linear) gekennzeichnet. Abhängig von ihrem spezifischen Brandverhalten werden Dämmschläuche also mit BL, CL, DL etc. klassi­fiziert. Für viele Länder neu ist auch die Prüfung der Rauchentwicklung und des brennenden Abtropfens. Hierfür wurden zusätzliche Klassen entwickelt, die mit s (Kurzzeichen s für smoke) und d (Kurzzeichen d für droplets) bezeichnet werden (s. Bild 3).

Die Euroklasse E wird nach EN ISO 11 925-2 im Entzündbarkeitstest geprüft. Für die Klassen A2 bis D ist eine Klassifizierung zusätzlich nach dem neuen SBI-Prüfverfahren (Single-Burning-Item-Test) nach EN 13823 erforderlich.

Der Entzündbarkeitstest bewertet die Entzündbarkeit eines Bauprodukts, indem es einer kleinen Flamme ausgesetzt wird. Beim SBI-Test wird der potentielle Beitrag eines Bauproduktes zu einem sich entwickelnden Brand bei einer Brandsituation bewertet, die einen einzelnen, brennenden Gegenstand (Single-Burning-Item: SBI) in einer Raumecke nahe an diesem Bauprodukt simuliert (Bild 4). Der Test stellt eine realistische Brandsituation nach, wie sie beispielsweise durch einen brennenden Papierkorb in einer Ecke des Raumes entstehen kann.

Für ebene Produkte sind die Grenzwerte der Tabelle 1 der EN 13501-1 und für lineare Produkte die Werte der Tabelle 3 anzuwenden. Die für das Brandverhalten relevanten Grenzwerte für ebene Produkte sind im Vergleich zu den Klassifizierungswerten für lineare Produkte um einiges niedriger, d. h. schwieriger zu erreichen.

Abhängig von der spezifischen Zusammensetzung des Produkts erreichen elastomere Dämmstoffe im SBI-Test die Anforderungen der Euroklasse B oder C (schwerentflammbar) bzw. D oder E (normalentflammbar). Standard-Elastomere neigen zu einer hohen Rauchentwicklung und erreichen daher nur eine s3-Klassifizierung. Die Einstufung der Klasse von brennendem Abtropfen/Abfallen ist bei elastomeren Dämmstoffen dagegen sehr gut, typischerweise d0.

Elastomere zeichnen sich durch eine hohe Elastizität in einem breiten Temperaturbereich aus. Ihre molekulare Struktur gleicht einem dreidimensionalen, weitmaschigen Netzwerk. Aufgrund dieser Vernetzungsreaktion, auch Vulkanisation genannt, schmelzen Elastomere nicht, leiten den Brand nicht weiter und tropfen nicht brennend ab.

Elastomere Dämmstoffe mit geringer Rauchentwicklung

Wie alle organischen Dämmstoffe sind flexible elastomere Dämmstoffe (FEF) brennbar. Um eine optimale Brandschutzausrüstung des Dämmstoffs zu erreichen, werden unterschiedliche Flammschutzmittel zugegeben. Flammschutzmittel sind Zuschlagstoffe, die durch physikalische und/oder chemische Wirkungsweise die Entflammbarkeit und Abbrandgeschwindigkeit herabsetzen, die Brennbarkeit der Stoffe selbst aber nicht aufheben. Bislang konnten technische Dämmstoffe auf organischer Basis die beste Baustoffklassifizierung für brennbare Baustoffe nur mithilfe halogenhaltiger Systeme erreichen, da andere Flammschutzmittel nur in relativ niedrigen Temperaturbereichen wirksam sind, während halogenhaltige Systeme im Temperaturbereich von 600 bis 800 °C direkt in den Verbrennungsprozess eingreifen. Typische Bestandteile von Flammschutzmitteln sind Chlor und Brom. Bromierte Flammschutzmittel inhibieren im Brandfall zwar sehr effektiv die Verbrennung, führen aber durch ihren Wirkmechanismus und ihre Wirkung gerade in der Gasphase zu einer starken Rauchentwicklung. Daher erreichen Standard Elastomerprodukte im SBI-Test zwar eine gute Brandklassifizierung die Mehrzahl der Premiumprodukte wird als B, also schwerentflammbar eingestuft, sie neigen jedoch zu einer hohen Rauchentwicklung und wurden bislang bestenfalls als s3 klassifiziert. Elastomere Dämmstoffe mit einer niedrigeren Rauchentwicklung (s2 oder sogar s1) erreichen dagegen nur die Brandklasse E oder allenfalls D. In der Praxis bedeutete dies für die Anwender also bislang die Wahl zwischen einem Dämmstoff mit einer guten Brandklassifizierung oder einer geringen Rauchentwicklung.

Durch einen völlig neuen Ansatz ist es dem Dämmstoffhersteller Armacell jetzt gelungen, diesen Zielkonflikt zu lösen: Durch die Entwicklung neuartiger, intrinsisch flammwidriger Polymere und den Einsatz ablativer Schutzadditive kann auf die Zugabe von bromierten Flammschutzmitteln vollständig verzichtet werden. Damit verbindet die völlig neuartige Schaumqualität Armaflex Ultima erstmalig eine sehr hohe Flammwidrigkeit mit einer minimalen Rauchentwicklung (Bild 5). Der blaue Elastomerschaum erzielt die bislang mit flexiblen Dämmstoffen unerreichte Brandklasse BL-s1, d0 bzw. B-s2, d0. Die neuartige Armaprene-Technologie wurde bereits in den USA patentiert (US-Patent Nr. 8, 163, 811) und in Europa ist das Produkt zum Patent angemeldet.

Wie das Bild 6 zeigt, weist Armaflex Ultima im Vergleich zu einem Standard- Elastomerprodukt eine 10-mal geringere Rauchentwicklung auf.

Eine geringe Rauchdichte kann im Brandfall für eingeschlossene Menschen lebensentscheidend sein. Denn bei Ausbruch eines Feuers müssen Rettungswege schnell gefunden werden und das ist nur bei geringer Rauchentwicklung möglich. Die Bedeutung der Rauchentwicklung für die Personensicherheit in Gebäuden bestätigen auch die Statistiken der Feuerwehr: Jährlich sterben in Deutschland rund 600 Menschen an den Folgen von Bränden. Nur wenige werden allerdings Opfer der Flammen, die Mehrheit 95 Prozent der Brandtoten! erliegen den Folgen einer Rauchvergiftung. Vom Rauch geht also ein ungleich höheres Gefahrenpotenzial als vom Feuer selbst aus.

Zusammenfassung

Mit Einführung der europäischen Produktnormen und der entsprechenden CE-Kennzeichnung technischer Dämmstoffe werden die bisherigen nationalen Brandklassifizierungen durch europäische Brandklassen ersetzt. Viele europäische Länder haben die gesetzlichen Anforderungen an die Rauchentwicklung von Bauprodukten im Zuge der Einführung der europäischen Brandklassifizierung verschärft. Mit Armaflex Ultima bietet Armacell als einziger Hersteller flexibler technischer Dämmstoffe ein geschlossenzelliges Produkt mit der Brandklassifizierung BL-s1, d0 bzw. B-s2, d0 mit dem diese Anforderungen erfüllt werden können.

Ein gutes Brandverhalten ist jedoch nur eine der zentralen Anforderungen an technische Dämmstoffe. Die Produkte müssen zudem über eine geringe Wärmeleitfähigkeit und einen hohen Wasserdampfdiffusionswiderstand verfügen. Sie sollen geschlossenzellig sein und sich auch unter schwierigen Baustellenbedingungen einfach und sicher verarbeiten lassen.-

Dipl.-Ing. Michaela Störkmann,

Armacell Manager Technical Departement Europe

Michaela Störkmann, Münster

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